OMR Tag zwei: Wo strömt eigentlich das Geld hin?

Die Übermacht der US-Tech-Konzerne, KI natürlich und ein recht junger Trend um ein altes Medium waren Themen der Marketingmesse OMR.

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Menschenmenge schaut auf eine Leidwand, auf der "Your ad here" steht

(Bild: Everett Collection / Shutterstock)

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Der Vortrag "State of The German Internet" von OMR-Gründer Philipp Westermeyer ist seit Jahren fester Programmpunkt der Marketing-Messe OMR (ehemals Online Marketing Rockstars). Und es ist schon bezeichnend und beeindruckend, wenn er seinen Vortrag mit den vier US-Technik-Riesen einleitet: GAFA, also Google, Apple, Facebook (Meta Platforms) und Amazon.com haben, von Juni 2023 bis 2024 ihre Marktkapitalisierung von 5144 Milliarden US-Dollar auf 7132 Milliarden US-Dollar steigern können. Im Vergleich nur zu diesen vier US-Riesen stagnieren alle maßgeblichen deutschen IT-Unternehmen bei gerade einmal rund 40 Milliarden US-Dollar.

Die hiesige Online-Marketing-Branche als Winzling und Anhängsel weniger US-Konzerne - das dämpfte aber die Trubeligkeit und gute Stimmung auf der Konferenz in Hamburg nicht. Für ein wenig Glamour und Unterhaltung sorgten unter anderem der Künstler Jeff Koons, Sängerin Becks und die Rapperin Shirin David.

Daneben ging es um die gesamte Wertschöpfungskette und das Umfeld des Online-Marketings. Kochen zum Beispiel zieht: Food-Content läuft auf den verschiedensten Kanälen sehr erfolgreich, von TikTok bis YouTube. Entsprechend gab es viele Vorträge und Panels mit Köchen und Food Influencern. Camilla Velasquez von der New York Times erklärte bei ihrem Auftritt, wie ihre Zeitung es geschafft hat, mit Rezepten eine Million zahlender Abonnenten zu gewinnen, und wie sie ihr Koch-Produkt immer weiterentwickelt.

Auch das macht die OMR aus: Gregor Gysi und Karl-Theodor zu Guttenberg halten eine Live-Episode ihres Podcasts ab. Der Erkenntnisgewinn hielt sich aber in Grenzen.

Bei einer Runde unter Medienmanagern erläuterte ARD-Chefredakteur Kai Gniffke den Vorstoß der öffentlich-rechtlichen Sender, die die Technik ihrer Mediatheken zusammenlegen und als Open Source veröffentlichen wollen. Laut Gniffke könnte so eine Plattform entstehen, von der alle Teilnehmer profitieren - zum Beispiel, indem sie sich die Nutzungsdaten teilen. Man müsse schnell ein gutes Produkt an den Start bringen, denn sonst werde man von den US-amerikanischen Streaming-Konzernen vorgeführt. Die anderen Teilnehmer des Panels, Inga Leschek von RTL und Markus Breitenecker von ProsiebenSat.1 Media begrüßten den Vorstoß. Beteiligen wollten sie sich allerdings nicht, sie hätten ja eigene Lösungen.

Um generative KI ging es am zweiten Tag natürlich auch. Datenschutz-Aktivist Max Schrems erklärte bei einem Gespräch, warum er eine Datenschutzbeschwerde gegen OpenAI eingelegt hat, den Betreiber von ChatGPT. Der Chatbot gab sein Geburtsdatum falsch aus, was Schrems korrigieren lassen wollte. OpenAI bearbeitete seinen Antrag aber nicht, weil das technisch nicht möglich sei.

In einer brutal dicht gepackten Präsentation mit gefühlt über hundert Folien in 40 Minuten riss anschließend Philipp Klöckner den Stand der KI-Szene ab, von den aktuell und zukünftig wichtigen Playern bis hin zu bremsenden Faktoren bei der KI-Fortentwicklung. So könnte sich der enorme Energie- und Wasserbedarf beim Training großer Modelle als Hemmnis erweisen. Ebenfalls ein wichtiges Thema sind die Trainingsdaten: Viele öffentlich zugängliche Quellen seien abgegrast oder geschlossen, noch nicht erschlossene Daten seien ein Schatz. Besonders hoch geschätzt seien derzeit die Diskussionen bei Reddit: OpenAI werte die Forenposts besonders hoch ein, und auch Google zahle für die Reddit-Daten.

Steven Gätjen sagte bei einer Moderation etwas überspitzt, dass sich Menschen ja nur noch zwei Sekunden auf etwas konzentrieren können. Er sagte allerdings nichts dazu, welchen Anteil Soziale Netze und die Werbebranche daran haben. Philipp Westermeyer fand in seinem Vortrag ausgerechnet in einem der am schnellsten getakteten Sozialen Netze einen entgegengesetzen Trend: BookTok. Dem Trend zu Buchempfehlungen schreibt er zu, dass knapp die Hälfte der Besucher der Leipziger Buchmesse 2023 unter 30 Jahren alt war. Mal sehen, was der Werbebranche bis zum nächsten OMR zu diesem neuen, alten Medium - Buch - noch so einfällt.

(jo)