Geomagnetischer Sturm am Wochenende: Nordlichter auch in Deutschland möglich

Nach heftigen Ausbrüchen auf der Sonne wird am Wochenende ein starker geomagnetischer Sturm erwartet, der auch in Deutschland Nordlichter hervorrufen könnte.

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Aktuelle Sonnenflecken im sichtbaren Licht

(Bild: NASA)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Urs Mansmann

Die Sonne ist derzeit so aktiv wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Ein sehr großer Sonnenfleck, dessen Magnetfelder eine äußerst starke Scherung aufweisen, hat in der zurückliegenden Woche zahlreiche Röntgenstrahlungsausbrüche (Flares) der Klassen M und der höchsten Klasse X produziert. Der Fleck ist weiterhin sehr aktiv, sodass in den kommenden Tagen weitere schwere Ausbrüche drohen. In den Magnetfeldern, die zur Bildung des Sonnenflecks führen, sind große Mengen Energie gespeichert, die sich bei einer Rekonfiguration der Magnetfeldlinien schlagartig entladen können.

In den vergangenen Tagen haben die schwersten dieser Ausbrüche bereits Plasma ins All geschleudert, das sich nun in mehreren Wellen auf dem Weg zur Erde befindet. Die erste Schockwelle wird in der kommenden Nacht zum Samstag eintreffen. Die im Sonnenwind enthaltenen Teilchen sind geladen und folgen deshalb den Magnetfeldlinien. Sie schlagen dann in einem Ring rund um die magnetischen Pole in die Ionosphäre ein. Der in der Wolke enthaltene Impuls verformt bei schweren geomagnetischen Stürmen das Magnetfeld der Erde, sodass die Nordlichtzone vorübergehend weit nach Süden wandern kann. Möglicherweise sind dadurch auch Nordlichter in Deutschland zu beobachten; die besten Chancen dafür dürften in der zweiten Nachthälfte kurz vor Einsetzen der Dämmerung und in der Nacht zum Sonntag bestehen.

Im Magnetogramm der Sonne kann man die große Intensität, die Scherung und die unterschiedliche Polarität (schwarz und weiß) der Magnetfelder erkennen. Komplexe und große Fleckengruppen wie diese können erhebliche Ausbrüche produzieren.

(Bild: NASA)

Die US-amerikanische Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA hat eine Warnung vor einem Magnetsturm der Kategorie 4 auf der fünfstufigen NOAA-Skala veröffentlicht. Es handelt sich um die erste derartige Warnung seit 2005. Zwar hat es in der Zwischenzeit schon Stürme dieser Größenordnung gegeben, allerdings traten diese überraschend auf. Da die Intensität des Sturms von der magnetischen Ausrichtung und der genauen Struktur der Plasmawolke abhängt, die sich nur teilweise beobachten lassen, ist eine Vorhersage mit großen Unsicherheiten behaftet. Der Ausbruch der Plasmawolke selbst ist in Coronagrafen an Bord von Satelliten gut sichtbar. Zeigt sich dort eine Wolke, die ihren Ursprung auf der sichtbaren Seite der Sonne hat und sich nach allen Seiten von der Sonne löst, sind die Chancen sehr hoch, dass diese die Erde trifft.

Eine Gefahr für Satelliten oder Stromnetze besteht bei einem Sturm der Klasse 4 noch nicht. Allerdings kann sich die Lage durch weitere heftige Ausbrüche auf der Sonne jederzeit verschärfen. In einigen Tagen erreicht die aktive Fleckengruppe durch die Rotation den Rand der sichtbaren Scheibe und erst ab dann würde das Material weiterer Ausbrüche aus dieser Gruppe die Erde verfehlen. Auf den Seiten des Space Weather Prediction Centers der NOAA kann man die Entwicklung in Echtzeit verfolgen.

Eine weitere Gefahr besteht durch einen Strahlungssturm, bei dem eine hohe Konzentration hochenergetischer Protonen (> 10 MeV) auf die Erde trifft. Diese Teilchenstrahlung kann Satelliten beschädigen und führt zu einer starken Zunahme der Strahlung großer Höhen der polaren Breiten. Starke Ereignisse können Flugzeuge zu Umwegen oder zur Wahl einer geringeren Flughöhe zwingen, um die Strahlungsbelastung von Crew und Passagieren gering zu halten. Derzeit hat der Protonenflux die erste Warnschwelle überschritten. Weitere Ausbrüche könnten auch bei den Protonen zu einer drastischen Zunahme führen, und solche Ausbrüche halten oft viele Stunden oder gar Tage lang an.

(uma)